Vorab möchte ich mich nochmal bei Ihnen für Ihre wohlwollende Unterstützung bedanken, welche es mir ermöglicht hat im März 2022 mein Auslandspraktikum in Dublin zu absolvieren. Dadurch hatte ich die einmalige Chance vor Ort drei Wochen in einer irischen Anwaltskanzlei zu arbeiten. Dieser Einblick hat mich unter anderem auch darin bestärkt, meinen jetzigen Studiengang belegt zu haben. Seit letztem Oktober 2023 studiere ich nun Jura an der Universität in Bonn und bin froh über diese Entscheidung. Während meines Praktikums konnte ich eine Menge neuer Erfahrungen sammeln. Dadurch habe ich zum Beispiel erfahren, dass in den meisten Ländern der Beruf vom „klassischen Anwalt“ überhaupt nicht so praktiziert wird wie hier in Deutschland. Wie Sie vielleicht wissen, ist ein Anwalt bei uns für vieles da. Darunter zählen Beratungsaufgaben, bürokratische Tätigkeiten und die Verteidigung vor Gericht. In einigen Ländern wie auch in Irland sind diese Tätigkeiten nochmals verteilt. Um also genau zu sein, habe ich im Büro eines Teams von Solicitors gearbeitet. Ein Solicitor befragt seine Klienten über den vorliegenden Vorfall oder das Anliegen und erarbeitet damit die Gutachten und Unterlagen, welche später den Richtern und den Barristern vorliegen. Ein Barrister berät sich vor den gerichtlichen Verhandlungen mit seinem Team von Solicitorn und vertritt nur dann den Klienten vor Gericht. Somit gibt es also eine Trennung, von wer vor Gericht auftritt und wer hinter den „Kulissen“ arbeitet. Ich habe im Büro geholfen die Gutachten für die Richter fertig zu stellen und zu binden. Ich archivierte alte Akten und legte neue an und durfte sogar bei einigen Klientengesprächen dabei sein. Nebenbei wurde mir freigestellt, welche Verhandlungen ich begleiten wollte. Das Büro meines Trägers befand sich die Straße runter vom Criminal Court, also vom Strafgericht, und dort verbrachte ich auch somit die meiste meiner Zeit. Dort durfte ich täglich Verhandlungen begleiten, welches mir sehr zugesagt hat. Obwohl nicht alle Erfahrungen leicht waren. Zum Beispiel wenn Menschen aufgrund der Urteile angefangen haben zu weinen. Immer wieder aufs Neue wurde ich von den Emotionen der Angehörigen mitgenommen, welches mich tatsächlich am Anfang hat Zweifeln lassen, ob ich selber nicht zu emotional für den Beruf der Anwaltschaft bin. Jedoch bin ich nun zuversichtlicher und mir ist bewusst das gerade Empathie auch in diesem Berufsfeld eine große Rolle spielt. In meinen Mittagspausen arbeitete ich an meinen Schulaufgaben aus Deutschland, da mein Praktikum während des laufenden Schuljahres stattfand. Dies klappte sehr gut und ich hatte keine Probleme den Stoff gegebenenfalls nachzuholen. Denn auch während des Praktikums waren die Lehrer immer gut erreichbar und halfen wo auch immer sie nur konnten. Auch außerhalb meines Praktikums konnte ich tolle Erfahrungen sammeln. Ich war zu Gast bei einer wundervollen Frau namens Roisin, welche sich jederzeit um uns gekümmert hat und nachfragte, ob wir alles haben. Viele Haushalte in Irland heizen so gut wie gar nicht und Dublin in März ist jetzt nicht das wärmste Klima. Doch Roisin hat immer dafür gesorgt das uns vor allem nachts warm genug ist und wir nach belieben heiß duschen konnten. Wofür ich und meine Freundin Lena, welche mit mir dort gewohnt hat, mehr als dankbar waren, denn durch Schulkameraden bekamen wir mit, dass dies so gut wie sonst keiner der Gastfamilien angeboten hat. Zudem war Roisin auch nur dazu verpflichtet uns Frühstück anzubieten, jedoch fragte sie täglich, ob wir vorhatten in der Stadt uns was zu Essen zu besorgen oder ob sie für uns mit kochen soll. Lena und ich essen beide kein Fleisch und selbst dies wurde sich von Roisin zu Herzen genommen. Sie machte ihre Wocheneinkäufe sogar bei Lidl um sicher zu gehen, dass auch immer Produkte im Haus sind, welche wir auch in Deutschland haben. Wir hätten uns echt kein besseres Gasthaus wünschen können.
Auch kulturell konnte ich vieles mitnehmen. Am ersten richtigen Tag wo wir Zeit hatten die Stadt zu erkunden bin ich ziemlich vielen Menschen in weißen Kitteln über den Weg gelaufen. Irgendwann hatte ich genügend Mut einen von ihnen anzusprechen und nachzufragen, was es damit auf sich hat. Dadurch erfuhr ich über den „white coat day“. Dies ist eine Zelebration von Medizinstudenten, welche erfolgreich ihr Studium abgeschlossen haben und dies draußen am Trinity College feierten. Auch das innere des Trinity Colleges konnten wir an einem Tag besichtigen und ich muss sagen die Trinity Library ist eine der schönsten Bibliotheken, die ich je gesehen habe. Und als kleiner Bücherwurm war dies einer der Highlights meines Aufenthaltes zusammen mit dem Tag wo Lena und ich das Haus von Oscar Wilde besucht hatten. Er zählt mit zu meinen Lieblingsschriftstellern und Poeten und sein damaliges Haus und seine Statue zu sehen war schon beeindruckend für mich. Zudem besuchte ich auch einige Museen in Dublin. Mitunter das National Museum of Ireland und das Irish Museum of Modern Art. Auch die Insel Howth oder wohl eher gesagt Halbinsel haben wir gemeinsam besucht und eine kleine Wanderung an den Klippen unternommen. Den restlichen Tag verbrachten wir danach am Strand und haben alle zusammen den Sonnenuntergang genossen. Selbst den Saint Patricks Day konnte ich glücklicherweise in Dublin miterleben. Doch ehrlicherweise waren mir das ein paar Menschen zu viel. Die Straßen, Bars und Lokale waren voll mit Besuchern und sich als „Tourist“ zurechtzufinden war somit ein bisschen komplizierter als erhofft. Dennoch war es eine Erfahrung, die ich für nichts eintauschen würde. Wir haben die Parade angeschaut und sind danach auf die Kirmes gegangen und alles in einem war es ein toller Tag. Generell lässt sich zusammenfassen, dass ich über alle dort gesammelten Erfahrungen mehr als dankbar bin und somit auch wiederum Ihnen, denn ohne Ihre finanzielle Unterstützung hätte ich all dies nicht erleben können. Daher nochmals ein großes Danke meinerseits. Mein Fazit aus dieser Reise ist, dass ich ein Auslandspraktikum nur jedem herzlichst weiterempfehlen kann und auch tun werde.
Alles Liebe
Lisa Richter